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Kieler Open 2022: Schach, Strand und Sasiki

Vom 30.07. bis 05.08. fand die bereits 34. Auflage des Kieler Opens statt. Bei diesem beliebten Turnier in unserer Landeshauptstadt kamen in diesem Jahr 161 Spieler*innen zusammen, um sich spannende Partien und einen aufregenden Kampf um die Tabellenspitze zu liefern. Nachdem meine schachliche „Karriere“ in den letzten Jahren doch eher stagniert ist, dachte ich, es wäre mal wieder an der Zeit für ein Turnier. Gemeinsam mit Tom Werner, dem Bundesjugendsprecher der DSJ, meldete ich mich also beim Kieler Open an, um auch mal wieder ein Turnier aus der Spieler- und nicht der Ehrenamtler-Perspektive mitzuerleben. Das Turnier war stark besetzt, ganze 31 Spieler wiesen eine DWZ von über 2000 auf und an der Spitze der Startrangliste thronte mit Nikolay Legky sogar ein GM. Aus Schleswig-Holstein waren mit FM Magnus Arndt, FM Keyvan Farokhi (beide SK Doppelbauer Kiel) und Kaloyan Popvasilev (SV Bargteheide) drei Spieler in den Top 10 gesetzt. Das Startgeld fiel in diesem Jahr übrigens etwas höher aus, da in diesem eine Getränkepauschale mitinbegriffen war: Für 30 Euro standen den Spieler*innen Wasser, Saft, Tee und Kaffee zur freien Verfügung. Gerüchten zufolge haben einige Teilnehmer versucht, die Pauschale mit dem Sammeln der Pfandflaschen wieder reinzuholen, aber ob dieser Plan von Erfolg gekrönt wurde, weiß ich leider nicht zu berichten. Bereits am Vorabend des Turniers reiste Tom bei mir an und wir nutzten die Zeit direkt für eine kleine Stadtführung durch Kiel, entlang am Exerzierplatz (O-Ton Tom:  „Der Exorzierplatz???“) bis zu den Kunstwerken im Kleinen Kiel und den Büsten der Nobelpreisträger. Nach dieser kulturellen Weiterbildung waren wir mehr als bereit und motiviert, am kommenden Tag erfolgreich ins Turnier zu starten.

Wie es das Glück so wollte, wurde ich in Runde 1 direkt gegen einen 2000er hochgelost und kam schon aus der Eröffnung nicht besonders gut heraus. Als mein Gegner jedoch damit startete, mich mit seinen Bauern zu überrollen, dachte ich mir, ich habe eh nichts zu verlieren, und opferte meinen Springer, um etwas Gegenspiel zu bekommen. Tatsächlich funktionierte das ziemlich gut, doch wer mich kennt, weiß, dass ich stark zur Zeitnot neige, und so verblieben mir in einer komplizierten Stellung nur wenige Minuten. In Anbetracht dessen und der DWZ meines Gegners bot ich einfach mal Remis, was dieser annahm – über die Engine-Bewertung der Endstellung verliere ich hier lieber nicht zu viele Worte. Währenddessen setzten sich an fast allen Brettern die nominellen Favorit*innen durch, die DWZ-Abstände waren doch sehr groß und so verliefen die meisten Matches eindeutig.

Die Zeitnot-Problematik zog sich leider weiterhin durch meine Partien und so verlor ich in Runde 2 etwas ärgerlich: Das Endspiel sah eigentlich sehr gut für mich aus, aber in Zeitnot habe ich es geschafft, einzügig meinen Turm einzustellen. Souveräner als ich spielten währenddessen die Turnierfavoriten, die an den vorderen Brettern weiterhin größtenteils ihre Partien gewinnen konnten. Zumindest für unsere Schleswig-Holsteiner lief es gut, unter den verbliebenen 35 Spieler*innen mit der vollen Punktzahl befanden sich einige bekannte Namen. Somit war der erste anstrengende Doppelrundentag geschafft, auf den ein weiterer folgen sollte; an den übrigen Tagen stand nur eine Runde an und Tom und ich fieberten bereits den freien Vormittagen entgegen, um auch mal etwas anderes als Schach spielen zu machen (häufig haben wir dann aber doch nur auf Lichess geblitzt oder sowas).

In Runde 3 spielte ich meine vermutlich langweiligste Partie, die in einem für mich natürlich nicht so zufriedenstellenden Remis endete. Irgendwie war nichts los auf dem Brett und so hoffte ich, dass es in Runde 4 spannender werden würde. Und meine Hoffnung wurde nicht enttäuscht: Nachdem Tom und ich beim Essen von einem der schlechtesten Döner meines Lebens neue Energie getankt hatten, fuhr ich am Abend meinen ersten Sieg ein, allerdings wurden meine Nerven wieder ordentlich strapaziert. Im Rahmen eines Königsangriffs konnte ich die Dame meines Gegners gewinnen, dann habe ich in Zeitnot aber komplett schlecht gespielt und sie wieder eingestellt. Die drei Mehrbauern, die mir danach verblieben, reichten glücklicherweise zum Sieg, also alles halb so wild. Währenddessen gab Keyvan in Runde 3 seinen ersten halben Punkt ab, während Magnus und Cliff Ruhland (Preetzer TSV) beide Partien gewinnen konnte und somit zu den letzten fünf Spielern mit 4/4 gehörte. Mit 3,5 Punkten mischten auch die Schleswig-Holsteiner Mohammed Reza Ghadimi, Kenneth Nahnsen (beide SK Doppelbauer Kiel), Kaloyan Popvasilev (SV Bargteheide), Matthew Basey (Kieler SG) und Lisa Sickmann (Lübecker SV) an der Spitze mit.

In Runde 5 kam es dann zum Schleswig-Holstein-Duell zwischen Lisa und Kayloyan, wobei sich der Bargteheider Spieler durchsetzen konnte und Lisa ihre erste Niederlage kassierte. Auch Cliff konnte gegen Keyvan siegen und seine weiße Weste behalten, ebenso wie Magnus. Als unverschämtes Glück lässt sich wohl mein Sieg in der 5. Runde bezeichnen. Eine interessante Partie, in der beide Seiten einen Bauernsturm auf den gegnerischen König versuchten, war in ein trotz Minusbauern auf meiner Seite ausgeglichenes Endspiel übergegangen. Ein Remisangebot hatte mein Gegner schon abgelehnt und ich machte mich bereits auf eine lange Partie gefasst, in der ich mir keinen Fehler erlauben durfte, um das Remis zu halten – doch dann positionierte mein Gegenspieler seinen König so ungünstig, dass ich ihn einzügig Matt setzen konnte.

Mit meinen nun erreichten 3 Punkten war ich sehr zufrieden, doch wartete nun ein nominell deutlich stärkerer Gegenspieler auf mich, mit dem ich nicht mithalten konnte. Magnus und Cliff, die beiden letzten verbliebenen Spieler mit der vollen Punktzahl, trennten sich im Remis, während Kenneth gegen den Großmeister antrat und dieses Match leider verlor. Auch Kaloyan unterlag seinem Gegner, während Keyvan, Mohammed, Alexander Bräutigam und Julian Rieper (beide SK Doppelbauer Kiel) mit ihren Siegen der Tabellenspitze wieder ein Stück näher kamen.

Da es am Mittwoch sehr warm war, verabredete ich mich mit einigen anderen Spielerinnen und Spielern zum gemeinsamen Strandbesuch vor der Runde. Die Nähe des Spielortes zum Strand ist eins der Dinge, die das Turnier so attraktiv machen, und da die Runden häufig erst abends stattfinden, kann man den Tag nach der Vorbereitung auf die Partie im Sand liegend oder im Meer badend verbringen. Dabei beließen wir es jedoch nicht, sondern bauten im Sand eine kleine Minigolf-Bahn und versuchten, mit einem Schlag einzulochen. Minigolf-Champion wurde Julian Rieper, der diese Herausforderung als Erster meisterte.

Da mein Gegner der 7. Runde leider das Turnier abbrechen musste und ich kampflos gewann, blieb mir umso mehr Zeit, die Partien der anderen Bretter zu beobachten. Bei Tom zuzuschauen, machte in dieser Runde nicht so viel Spaß, denn er verlor erst einen Bauern und dann die Partie. Allerdings gab es an der Tabellenspitze einige interessante Duelle, so spielten mit Julian und Keyvan zwei Doppelbauern gegeneinander, und zwischen Alexander und Kaloyan versprach es ebenfalls spannend zu werden. Keyvan und Kaloyan konnten sich letztlich durchsetzen, während Magnus remisierte und Cliff sich GM Nikolay Legky geschlagen geben musste.

Den Donnerstagvormittag nutzten Tom, Lisa und ich für den Besuch eines Trampolinparks, wobei beim anschließenden Pizzaessen Diskussionen über die Aussprache von ‚Tsatsiki‘ (laut Lisa ‚Sasiki‘) das Gespräch dominierten. Übrigens ist mir nach einigen Tagen mit Tom sein Talent bei der Bewertung von Essen aufgefallen – immer, wenn ich ihn gefragt habe, ob es schmeckt, kam die Antwort „Kann man essen“.

Runde 8 lief bei mir leider nicht so erfreulich, nachdem ich gut aus der Eröffnung gekommen war, stellte ich etwas ärgerlich einen Bauern ein, konnte zwar wieder für Ausgleich sorgen, doch die Figuren meines Gegners hatten eine deutlich höhere Aktivität als meine und so unterlag ich ihm schließlich. Auch in der letzten Runde wurde ich ziemlich zusammengeschoben, irgendwie war am Ende bei mir die Luft raus und ich war frustriert, weil ich meine Zeitnot nicht in den Griff bekam. Somit blicke ich nicht ganz zufrieden auf meine 4 Punkte, aber da es mein erstes Turnier seit Längerem war, ist das Ergebnis okay und ich hatte auf jeden Fall viel Spaß und habe einiges gelernt!

Nun aber wieder zur Tabellenspitze: Der Großmeister übernahm vor Runde 8 mit 6,5 Punkten die Führung, einen halben Punkte vor drei Spielern mit 6 Punkten, von denen einer, Magnus, in Runde 8 gegen Legky antrat. Magnus konnte hierbei ein Remis erreichen – eine super Leistung! Vor der letzten Runde wies er somit 6,5 Punkte auf, ebenso wie Keyvan und Kaloyan, die beide ihre Partien gewinnen konnten. Cliff spielte Remis und stand bei 6 Punkten, doch die Situation an der Tabellenspitze war vor Runde 9 denkbar spannend: Drei Spieler lagen mit 7 Punkten gleichauf, wobei die Zweitwertung Alexander Doll den Vorrang gab, welcher in Runde 9 gegen Keyvan gelost wurde. Dieser bildete mit Magnus und Kayloyan das direkte Verfolgerfeld, alle drei standen bei 6,5 Punkten und Magnus und Kaloyan spielten gegeneinander. Dass sich hier keine Punkte geschenkt werden würden, war klar, und es waren spannende Duelle zu erwarten. Am Spitzenbrett siegte GM Nikolay Legky gegen Sebastian Böhme, und auch Alexander Doll konnte gewinnen, was seinen Gegner Keyvan leider um einige Tabellenplätze zurückwarf. Die siegreichen Spieler lagen somit beide bei 8 Punkten und so musste die Buchholz die Entscheidung herbeiführen. Hier lag Alexander Doll einen Punkt vorne und sicherte sich somit den Turniersieg – herzlichen Glückwunsch! Auf dem zweiten Platz liegt folglich GM Nikolay Legky, während Platz 3 an einen Kieler geht: FM Magnus Arndt remisierte in der 9. Runde und sicherte sich mit 7 Punkten die Bronzemedaille! Doch er sollte nicht der einzige Schleswig-Holsteiner in den Top 10 bleiben: Auch Kayloyan Popvasilev (Platz 4) und Keyvan Farokhi (Platz 10) spielten ganz vorne mit. Weiterhin belegt Lisa Sickmann den 3. Platz bei den Frauen, was umso beeindruckender ist, wenn man bedenkt, dass sie eine Runde aussetzen musste. Auch Tom ging nicht leer aus, er konnte einen Ratingpreis abstauben. Wie sich auf dem Bild leicht erkennen lässt, war er stolz wie Oskar auf seine neu erworbene Schach-DVD (er hat sie mir übrigens geschenkt, also vielen Dank an der Stelle <3).

Abschließend kann ich das Kieler Open nur allen Spielerinnen und Spielern weiterempfehlen – das Turnier hat viel Spaß gemacht, und abseits des Bretts wurden nicht nur alte Bekannte wiedergetroffen, sondern auch viele neue Bekanntschaften geschlossen. Die Organisatoren haben das Turnier souverän geleitet, alles lief reibungslos und allgemein herrschte eine gute Stimmung. Nach den Partien wurde häufig noch lange an der frischen Luft zusammengesessen, analysiert und ein paar Runden geblitzt. Ich hoffe, mit meinem Bericht konnte ich einen kleinen Einblick in das Turnier geben und vielleicht ein paar Spielerinnen und Spieler motivieren, im nächsten Jahr ebenfalls teilzunehmen :)